23. August 2023 / Weltnews

Tödliche Schüsse auf Jungen - Rentner schweigt vor Gericht

Wie konnte es so weit kommen? Ein Rentner soll auf einen 16-Jährigen geschossen haben, nur einen Tag später ist der Jugendliche tot. Hatte sich der Nachbar des Jungen tatsächlich von Lärm belästigt gefühlt?

Ein Justizbeamter steht hinter dem Angeklagten im Saal des Landgerichts Osnabrück.

Der 16-Jährige war völlig arglos. Laut Anklage habe er nicht ahnen können, dass ihm der Nachbar, ein damals 81 Jahre alter Mann, mit einer Waffe auflauerte, um ihn zu töten. Jetzt steht der heute 82-Jährige wegen Mordes vor Gericht, zum Prozessauftakt am Landgericht Osnabrück wollte der Angeklagte sich zunächst aber nicht äußern, sondern erst im Verlauf des Prozesses.

Zunächst wolle sein Mandant mit der Gutachterin sprechen, sagte der Anwalt des kleinen, grauhaarigen und schnauzbärtigen Mannes am Mittwoch. Vor der Eröffnung der Hauptverhandlung lächelte der 82-Jährige den Fotografen zu.

Zwei Schüsse in den Kopf

Was wird ihm vorgeworfen? Laut Anklage machte sich der 16-Jährige Ende Februar auf den Weg zur Schule. Vor dem Haus, einem Mehrfamilienhaus in Bramsche bei Osnabrück, soll der Nachbar, der allein im Erdgeschoss wohnte, den Jugendlichen abgepasst und ihm in die Wade geschossen haben. Der Junge stürzte vor der Haustür, lag auf dem Rücken. Dann soll der Angeklagte seinem Opfer zweimal in den Kopf geschossen haben. Ein weiterer Schuss traf eine Hand des Jungen, als dieser seine Hände schützend vors Gesicht zu halten versuchte.

Anschließend setzte sich der Mann auf ein Hochbeet, soll sich selbst in den Kopf geschossen, aber dabei keine lebensgefährlichen Verletzungen erlitten haben. Der 16-Jährige starb einen Tag später an seinen schweren Hirnverletzungen.

Der Staatsanwalt warf dem 82-Jährigen mit italienischer Staatsbürgerschaft vor, den Jugendlichen heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen getötet zu haben. Im Vorfeld soll der Senior sich über angebliche Lärmbelästigung beschwert haben, die Polizei habe aber bei ihren Einsätzen nichts feststellen können. Vor der Tat soll er sich erneut gestört gefühlt und dann beschlossen haben, den Jugendlichen zu töten.

Waffenschrank im Keller

Ein 32 Jahre alter Polizeibeamter aus Bramsche, der als einer der ersten am Tatort gegenüber einer Grundschule war, beschrieb im Prozess die Szenerie am Tag der Tat: Der mutmaßliche Täter und sein Opfer seien blutbeschmiert und schwer zu erkennen gewesen, der 82-Jährige sei nach hinten auf ein Hochbeet gefallen und habe die Kurzwaffe noch fest in der rechten Hand gehalten. Mit einem Schlag auf den Unterarm entwaffneten der Beamte und Kollegen den Mann. Dieser habe nur geröchelt, das Opfer habe keine Reaktion gezeigt, aber stark an der linken Schläfe geblutet.

Für die Verkündung des Haftbefehls kam der Haftrichter ins Krankenhaus, wo der Senior zwischenzeitlich behandelt wurde.

Im Keller des mutmaßlichen Täters, der vor dem Ruhestand eine Pizzeria hatte, fanden die Beamten einen verschlossenen Waffenschrank. Der Mann besaß eine Waffe, weil er langjähriger Sportschütze war - bei der Tatwaffe handelte es sich um eine Kleinkaliberpistole.

Acht weitere Termine vor Gericht bis Oktober

In der Kleinstadt Bramsche hatte es zu Jahresbeginn binnen weniger Tage gleich zwei Gewalttaten gegeben - neben dem 16-Jährigen starb auch eine 19-Jährige. Die junge Frau wurde mit schwersten Verletzungen im Bramscher Ortsteil Pente in der Nähe einer Schützenhalle gefunden, in der ein 18. Geburtstag gefeiert worden war. Im Krankenhaus wurde der Tod der Frau festgestellt, ein 20-Jähriger wurde nur wenige Stunden später in seiner Wohnung verhaftet.

Im Mordprozess gegen den 82-Jährigen sind acht weitere Termine bis Oktober geplant. Unklar war allerdings noch, wann der Angeklagte sich äußern will.


Bildnachweis: © Friso Gentsch/dpa
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