26. August 2024 / Weltnews

Macron: Festnahme von Telegram-Gründer ist nicht politisch

Schon länger wird Telegram vorgeworfen, nicht konsequent genug gegen illegale Inhalte vorzugehen. Für Firmengründer Pawel Durow hat das nun Konsequenzen - in Frankreich wird er festgesetzt.

In diesem Gebäude hält die Polizei den Telegram-Gründer Pavel Durow fest (Foto aktuell).

Der Gründer des Messengerdienstes Telegram, Pawel Durow, ist nach seiner Festnahme in Frankreich weiter in Polizeigewahrsam. Diese wurde am Wochenende verlängert und kann noch bis Mittwoch andauern, wie die Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte. Sie konkretisierte am Abend die Vorwürfe. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schaltete sich ein.

Der Chatdienst selbst verteidigt sich gegen die Vorwürfe. In einer Stellungnahme schrieb das Unternehmen, alle geltenden Regeln würden eingehalten, dazu gehöre auch das neue Digital-Gesetz DSA, das ein konsequenteres Durchgreifen gegen illegale Inhalte und Aktivitäten auf große Online-Plattformen bewirken soll. Durow «hat nichts zu verbergen» und reise häufig in Europa. Außerdem sei es «absurd», eine Plattform oder ihren Besitzer für den Missbrauch des Dienstes durch Dritte verantwortlich zu machen.

Telegram wird bereits seit längerem vorgeworfen, nicht konsequent genug gegen Hassrede und andere illegale Aktivitäten vorzugehen. Das Unternehmen selbst betont, man liege dabei innerhalb «der Standards der Branche».

Macron schrieb am Montag auf der Plattform X, dass die Festnahme keine politische Entscheidung gewesen, sondern im Rahmen von laufenden Ermittlungen erfolgt sei. Frankreich bekenne sich zur Meinungs- und Kommunikationsfreiheit, zur Innovation und zum Unternehmergeist.

Wohl wegen schwerer Vorwürfe gesucht

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft laufen bereits seit Längerem Vorermittlungen gegen Durow. Der Verdacht soll dabei lauten, dass er sich durch fehlendes Eingreifen bei Telegram und unzureichende Kooperation mit Behörden des Drogenhandels, der Geldwäsche, des Betrugs, und mehrerer Vergehen im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch mitschuldig gemacht habe. Auch die mangelnde Kooperation mit Behörden bei gesetzlich zulässigen Abhörmaßnahmen werde ihm vorgeworfen. Der Franko-Russe sei deshalb von den Behörden gesucht worden.

Überraschend war Durow dann am Samstagabend am Flughafen Le Bourget in der Nähe von Paris festgenommen worden, wie die Sender TF1 und BFMTV sowie andere französische Medien unter Berufung auf Ermittlerkreise berichteten. Warum er von Aserbaidschan nach Frankreich reiste, war zunächst unklar. 

Die russische Botschaft in Frankreich habe sich des Falls bereits angenommen, hieß es in einer von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zitierten Stellungnahme des Außenministeriums in Moskau. Die französischen Behörden seien aufgerufen worden, konsularischen Zugang zu Durow zu erlauben, sagte Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa. «Das Problem ist nur, dass Durow auch die französische Staatsbürgerschaft hat», sagte sie. «Entsprechend wird ihn Frankreich in erster Linie auch als seinen Staatsbürger betrachten.» Durows Verhältnis zur russischen Obrigkeit gilt als schwierig.

Kreml: Kein Treffen Putins mit Durow 

Der Kreml dementierte offiziell, dass Präsident Wladimir Putin bei seinem Staatsbesuch in Aserbaidschan vergangene Woche Durow getroffen habe. Sprecher Dmitri Peskow reagierte damit auf Vermutungen in sozialen Netzwerken, Durow könnte in Baku mit Putin gesprochen oder sich zumindest um ein Treffen bemüht haben. «Wir wissen bislang nicht, was Durow konkret vorgeworfen wird», sagte Peskow. Deshalb werde man sich mit Kommentaren zurückhalten.

Durow hatte Telegram mit seinem Bruder Nikolai gegründet, nachdem beide bereits das Netzwerk Vk.com ins Leben gerufen hatten, eine Art russischsprachiges Facebook. Telegram ist in Russland eines der wichtigsten Online-Netzwerke, das auch von vielen Behörden und Politikern zur Kommunikation genutzt wird. Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wird der Dienst von beiden Seiten für Mitteilungen genutzt.


Bildnachweis: © Stephane De Sakutin/AFP/dpa
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