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23. Januar 2024 Krankenstand 2023 weiter auf Rekordniveau Er stieg im Vergleich zum Vorjahr nochmal um 0,6 Punkte auf 5,9 Prozent
21. November 2023 Dankbarkeit für das eigene Wohlergehen ist häufigste Bewältigungsstrategie gegen Krisen-Stress Mehr als die Hälfte von ihnen macht sich angesichts der derzeitigen Krisen und Katastrophen Sorgen.
Die kleinen Kätzchen sind struppig, sie blicken misstrauisch aus ihrer Transportbox. Kein Wunder, sind sie doch eingefangen und aus ihrer vertrauten Umgebung gerissen worden. Aber aus gutem Grund: Die beiden Kater Flitzi und Stöpsel, Mitte Mai und Anfang Juli geboren, sind Straßenkatzen - abgemagert, krank und voller Parasiten.Ihr Elend lässt sich kaum vermitteln, das ist das Dilemma: Denn im Tierheim Burgdorf bei Hannover, dessen Helferinnen und Helfer nächtelang unterwegs sind, um Straßenkatzen einzufangen, werden sie aufgepäppelt und wirken schnell so, wie kleine Katzen immer wirken: einfach süß. Aber die Streuner, die auf der Straße leben, sind gebeutelt. Sie hungern, weil sie kaum in der Lage sind, genug für sich zu jagen, sie geben Krankheiten weiter und haben auf ihren Streifzügen oft Unfälle. Verletzt verstecken sie sich, ihre Wunden eitern und sind irgendwann voller Fliegenmaden, wie Diandra Boczek, die Leiterin des Tierheims, sagt. Bundesweit gebe es mindestens zwei Millionen Straßenkatzen, fast alle seien krank und unterernährt, die meisten würden nicht alt, schätzt Lea Schmitz, die Sprecherin des Deutschen Tierschutzbundes. Wut auf gleichgültige Katzenhalter«Mittlerweile ist man nur noch wütend», sagt Boczek. Anfangs sei sie wegen der hohen Zahlen erschrocken gewesen. «Dann war da nur noch Wut.» Wut auf gedankenlose oder gleichgültige Katzenhalter, die ihre Tiere unkastriert nach draußen ließen. Denn die Straßenkatzen, das seien meist die Nachkommen dieser sogenannten Freigängerkatzen. Und für deren Wohlergehen «fühlt sich niemand verantwortlich». Täglich erhalte sie Anrufe von Menschen, die ihre Katzen vermissten - oft seien diese weder kastriert noch registriert und hätten auch keinen Mikrochip mit Kontaktdaten unter der Haut. Das mache sie fassungslos.Denn so wächst das Heer der Straßenkatzen unaufhörlich. Etwa in Niedersachsen geht der Landestierschutzverband von mindestens 200.000 Katzen ohne menschliche Betreuung aus – Tendenz steigend. Auch in Bayern sind die vielen Straßenkatzen ein Problem, vor allem auf dem Land. Etwa 300.000 könnten es dem bayerischen Tierschutzbund zufolge im größten deutschen Flächenland sein. Genaue Zahlen habe sie nicht, die Tiere seien scheu und mieden Menschen, sagte Präsidentin Ilona Wojahn. «Sie leben im Verborgenen, oft in Industriebrachen, in verlassenen Gebäuden, auf Friedhöfen, Schrebergärten und so weiter.»Schäden durch freilaufende KatzenUmweltschützer verweisen auch auf die Schäden, die freilaufende Katzen bei Wildtierpopulationen verursachen können. Betroffen seien nicht nur Vögel, sondern auch Fledermäuse, Siebenschläfer und die Haselmaus oder Reptilien wie die Zauneidechse, so etwa das Thüringer Landesamt für Naturschutz. Die meisten Singvogelpopulationen hätten zwar ausgefeilte Vermeidungsstrategien entwickelt und verkrafteten in der Regel selbst beträchtliche Verluste. Bei geschwächten Populationen könnten Katzen aber unter Umständen zum Erlöschen lokaler Vorkommen beitragen.Streunende Katzen - nach Erfahrung von Katja Hofrichter kennen viele Menschen diese nur aus dem Ausland. Dass auch hier Katzen unter erbärmlichen Bedingungen auf der Straße lebten, sei vielen unbekannt. Seit drei Jahren arbeitet sie ehrenamtlich bei der Katzenhilfe im Nürnberger Land, sucht Pflegestellen für kranke Tiere, begleitet diese zum Tierarzt und nimmt selbst geschwächte Katzen bei sich auf. «Es ist eigentlich uferlos», sagt Hofrichter. Sobald sie eine Katze aufgepäppelt habe, komme die nächste. Ähnlich ist es im Nürnberger Tierheim, wo rund 120 Katzen auf ein neues Zuhause warten. Während der Pandemie ein Haustier zugelegtTierheime und Tierschutzvereine kommen nach Einschätzung des Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, bei Kastration und Versorgung der Tiere an ihre Grenzen. «In diesem Jahr sind wir alle abgesoffen», sagt die Vorsitzende der Katzenhilfe Hannover, Frauke Ruhmann. Ein Grund: die Corona-Pandemie und der zweite Lockdown, als sich viele Menschen ein Haustier anschafften, darunter auch Katzen. Viele dieser Tiere seien dann bald auf der Straße gelandet, oft nicht kastriert. Ein Grund dafür: Viele Katzenbesitzer scheuen die gestiegenen Tierarztkosten.Die Lage sei lange bekannt, aber niemand fühle sich verantwortlich, kritisiert Boczek. «Sie wurden politisch und behördlich im Stich gelassen.» Das Ergebnis: Fälle wie in Burgdorf, wo das Tierheim an einem Hotspot rund 30 Katzen in schlechtem Zustand einfangen muss, darunter Flitzi und Stöpsel. Zehn Katzen hätten die Helfer bisher erwischt, nicht alle hätten überlebt: «Es ist eine Katastrophe.» Das Tierheim sei viele Jahre ihr Traumjob gewesen, sagt die 30-Jährige - «jetzt verfolgt mich mein Job im Traum».Und doch ist etwas in Bewegung geraten: Eine Initiative der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen im niedersächsischen Landtag will das Wirrwarr der kommunalen Regelungen mit einer landesweiten Katzenschutzverordnung vereinheitlichen. Damit sollen künftig alle Katzen, die sich draußen aufhalten, gekennzeichnet, registriert und kastriert werden. Aber: «Jetzt stockt es wieder», kritisiert Ruhmann. Ohnehin gebe es bundesweit einen Flickenteppich von Verordnungen - 89 Prozent der Städte und Kreise hätten keine Regelung, sagt Schmitz. Katzenschutzverordnungen in sechs KommunenIn Bayern gibt es nach Angaben von Wojahn bisher erst in sechs Kommunen wirksame Katzenschutzverordnungen, die unter anderem eine Kastrationspflicht vorsehen. Deshalb fordert der bayerische Tierschutzbund eine landesweite Regelung - auch mit Blick auf die Landtagswahlen Anfang Oktober. Doch noch etwas macht den Tierschützern zu schaffen: Wo Straßenkatzen auf engem Raum zusammenleben, droht Inzucht - wiederhole sich das über mehrere Generationen, dann «haben wir chancenlose kleine Mäuse wie Mikkel», sagt Ruhmann. Mikkel ist ein kleiner Kater, neun bis zehn Wochen alt, unterernährt, taub, große Augen und schneeweißes Fell - und er hat Schmerzen. In der Tierklinik stellt sich heraus: Sein Dickdarm arbeitet nicht, er leidet an Gendefekten - vermutlich die Folge von Inzucht. «Es war eine Frage der Zeit, ihm war nicht zu helfen», sagt Ruhmann. Aus der Narkose lassen ihn die Tierschützer aus Mitleid nicht mehr aufwachen.Es gibt aber auch Erfolgsgeschichten: Viele Jungtiere ließen sich vermitteln, sagt Boczek. Und dann ist da eine schwarz-weiße Katze, eine einstige Straßenkatze, die vermittelt, aber dann vernachlässigt worden ist. Schließlich findet sie den Rückweg zum Tierheim, fordert lautstark ihr Futter - «und geht nicht mehr weg». Ein schlaues Tier.Bildnachweis: © Michael Matthey/dpaCopyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten